Eine DrahtbürsteNeulich im Dorfbaumarkt: Mein Mann und ich wollten nur schnell mal rein huschen, um eine Drahtbürste zu kaufen. Der Laden ist auf drei Etagen verteilt und führt so ziemlich alles was man für, im und rund ums Haus so gebrauchen kann.

Trotz intensiver Suche konnten wir keine Drahtbürste finden und so stellten wir uns notgedrungen an den Tresen und warteten artig, bis der Mitarbeiter dem Kunden vor uns 90 Cent für eine Schlauchschelle abgerechnet hatte.  Endlich der ungeteilten Aufmerksamkeit des leicht ungepflegten Schrates sicher, stellte meine Mann die einfache Frage:

„Habt ihr Drahtbürsten?“
Ich stand etwas abseits, beobachtete die Szene und rechnete mit einem schlichten, männermäßigen „Ja, da!“ oder „Nein!“
Aber mitnichten. Zu meinem Erstaunen und großem, nur schwer unterdrücktem Ärger meines Angetrauten, wagte der Schrat zu fragen:
„Wozu brauchst du die denn?“ 
„Zum Drahtbürsten!“ konterte mein Mann mittelmäßig aus der Fassung gebracht.
„Ja, schon klar“, kam es leicht überheblich zurück. „Aber was willst du damit bürsten? Doch nicht etwa den Grill?“
Jetzt begann auch ich mich zu wundern, was es den Typen anging, was wir mit der Bürste vor hatten. Wenn der Laden Drahtbürsten führte, wäre es jetzt die Aufgabe eines guten Verkäufers gewesen, uns zu zeigen wo sie liegen.
Gut, um des lieben Friedens Willen, hätte man ihm ja sagen können, was wir damit zu tun beabsichtigten. Es lag mir auch schon auf der Zunge ihm lang und breit zu erklären, dass unser lange vernachlässigter Pool, der nicht gekachelt ist, sondern gestrichen, mit der verlangten Drahtbürste entschmoddert und auf den neuen Anstrich vorbereitet werden sollte. Doch ich zögerte, dazwischen zu reden, denn irgendwie hatte ich das Gefühl, dass es hier ums Prinzip ging…  also hielt ich mich raus.
Ein Blick ins Gesicht des zotteligen Schrates verriet mir, dass es ihm gar nicht gefiel, dass mein Mann die verlangte Information nicht preis geben wollte. Er wollte doch so dringend nützlich sein und ein bißchen klugscheißen. Den Eindruck hatte ich jedenfalls gewonnen, als ich dabei zuhörte, wie er den Kunden vor uns mit seiner kleinen Schlauchschelle minutenlang mit guten Ratschlägen überschüttete.
Mit der Haltung würde er bei meinem Mann jedenfalls nicht weit kommen. Mein Mann weiß immer sehr genau was er tut und wozu er was braucht und er haßt es, seine Ambitionen erklären zu müssen. Schon gar nicht fremden Leuten, die sich unnütz aufdrängen.
Zum Glück entschied der Schrat in diesem Augenblick, nicht länger zuvorkommend sein zu wollen und schickte uns in den Gang, wo die bereits mehrfach erwähnten Drahtbürsten zu finden waren.
Nachdem sich unsere Augen in dem schlecht ausgeleuchteten Gang an das Dämmerlicht gewöhnt hatten, entdeckten wir doch tatsächlich mehrere Ausführungen der heiß ersehnten Drahtbürsten. Sie langen, oh Wunder, direkt neben den Grillutensilien…
Nachdem wir uns für eine Bürste entschieden hatten, gingen wir zum Tresen zurück um zu bezahlen, aber der Schrat war verschwunden. Er hatte sich wohl entschlossen, mit uns nichts mehr zu tun haben zu wollen und war auf der Suche nach dem nächsten Opfer, dass er belehren konnte. Wir bezahlten unsere Bürste bei der netten Kollegin und gingen zurück zum Auto.
Schon auf dem Weg dorthin, sah ich mit einem Seitenblick auf meinen Mann, dass es in ihm kochte. Auf dem Weg nach Hause sprudelte es aus ihm heraus:
„Was für ein Blödmann! Der hat mich jetzt total aufgeregt!“
„Was war denn so schlimm daran, dass er dich gefragt hat, was du mit der Bürste machen willst?“
„Ich wollte nur wissen, wo sie die scheiß Drahtbürsten versteckt haben! … und wenn ich mir damit die Eichel polieren will, geht ihn das gar nichts an!!“
„Vielleicht wollte er nur verhindern, dass du irgendeine kostbare Oberfläche mit der Drahtbürste ruinierst?...“
„Noch schlimmer! In dem Fall hält er mich für minderbemittelt! Ich brauche seine guten Ratschläge nicht. Ich schrubb mit der Bürste alles ab, was ich will!“
Gedanklich immer noch mit dem Polieren seiner Eichel beschäftigt, versuchte ich zu verstehen, warum mein Liebster auf diese aufdringliche Fragerei so angestrengt reagierte.
Gut, wir hatten es ein bißchen eilig und die Kaufabwicklung hätte etwas flotter von statten gehen können, wenn wir das blöde Ding selbst gefunden hätten. Vielleicht lag es auch daran, dass er sich in seinem Kopf schon genau ausgemalt hatte, wie er unserem Pool damit zuleibe rücken wollte und es an seinem wohlfeinen Plan nichts auszusetzen gab und er sich schlichtweg einfach nur jedwede Klugscheißerei seitens Außenstehender verbat.
Ist das jetzt wieder so ein „Männerding“ oder gehört es sich schlichtweg für einen Verkäufer nicht, nachzufragen, was man denn mit seiner Ware anstellen will?
Geht man in einer Drogerie Kondome kaufen, will man an der Kasse ja auch nicht gefragt werden, was man denn damit zu tun gedenkt! … und wird man daran gehindert Kondome zu kaufen, wenn man angibt, aus ihnen Wasserbomben basteln zu wollen, um damit den Nachbarn zu bewerfen??
Wenn ich alleine in den Laden gegangen wäre, die seltene Drahtbürste nicht gefunden und den Verkäufer nach ihrem Verbleib befragt hätte, wäre ich wohl, arglos, wie ich nun mal bin, auf seine Fragerei eingegangen … und hätte den Laden ohne die heilige Drahtbürste aber mit einer Palette Poolreinigungsutensilien samt neuem Filtersystem wieder verlassen.

Text: Nadja von der Hocht

Grafik: Nadja von der Hocht